Wie stark das sein kann, erfuhr ich ganz real schon sehr früh, als Kind. 1982 kam eine außergewöhnliche Bestätigung – der erste Preis im ersten nationalen Improvisationswettbewerb der DDR in Weimar. Noch heute bin ich froh um dieses Erlebnis der Tasten, wieder und wieder. Orgelkonzerte, Jazz-Improvisationen, Arbeiten für meine Schüler am Klavier - oder einfach für mich das Wunder erleben, wie aus Tast(en)sinn Musik entsteht – gespielt aus den Noten großer Bewunderer (Debussy, Bach, Beethoven, Vriend, Gershwin und vielen anderer) oder mitgeteilt durch Seele und Körperlichkeit improvisierend in so vielen Momenten – es ist ein Teil meiner Welt.
Als Chorleiter bin ich froh um das, was im Miteinander entsteht. Gern arrangiere ich selbst oder „tippe Noten“ für die Menschen, die mir ihr Vertrauen als „Chef“ schenken. Seit über einem Jahrzehnt bin ich in Ayl Dirigent des Kirchenchores St. Bartholomäus. Ohne die Arbeit des Vorstandes, ohne die Sympathie der Sängerinnen und Sänger wäre das nicht möglich. Schön, dass da auch noch eine ganz andere Ebene eine Rolle spielt. Manchmal schaut mir da wohl mein Vater lächelnd über die Schulter.
Der Einladung, Dirigent in dem Dorf zu werden, in dem ich lebe, bin ich gern nachgekommen. Ich staune über das, was da wächst. „Ein Dirigent ist ein sensibler Boxer.“ So sagte es mir einer, der es wissen muss. Gern boxe ich für die Liedertafel weiter. Das Weihnachtskonzert 2009 (aber auch jeder Probeabend bisher) hat gezeigt, dass es „sich lohnt“.
Als Komponist habe ich noch Träume. Prozessuale Musik, wie auch immer geartet, möchte gern entstehen. Aber das sollte dann auch seine Referenz haben an wichtigen anderen Prozessen, die ihre Unterstützung brauchen. Sei es der Klimawandel, sei es soziale Ungerechtigkeit, sei es etwas Schönes, das mich so berührt, dass ich mich hinsetze und schreibe – anderes ist wohl grad für mich wichtiger. Bis dahin bleibe ich Praktiker in meiner mehr oder weniger für mich alltäglichen Welt der Musik.
Danke allen Sängern und Sängerinnen, mit denen ich arbeiten darf!
August 2010 – als „Dankeschön“ an den lieben Gott komponiere ich eine Messe. Am Pfingstsonntag 2011 geht sie in Premiere. Geschrieben habe ich sie für „meinen“ Kirchenchor. Eine Sopranistin singt ein Solo. Eine Querflöte, eine Klarinette, ein Altsaxophon, eine Trompete und ein Tenorhorn sind mit unterschiedlichen Aufgaben betraut. Ein paar Wochen später spricht mich jemand an, voller Begeisterung und dieses Kompliment hat ganz tief gut getan.
Osterferien 2011. Auf dem Programm des gemeinsamen Orchesterprojektes der Waldorfschulen Trier und Luxemburg steht „Nachklänge“, ein Stück für Harfe, Gitarre und kleines Orchester. Die Schüler nehmen meine Arbeit wie selbstverständlich an, die Probenarbeit macht Freude und die Aufführungen gelingen.„Atem holen bei Gott“ hat mich wieder für vier Mittagsimprovisationen in die Kathedrale Luxemburg eingeladen. Die interessanteste Erfahrung ist die letzte der vier Improvisationen – die Seele ganz geöffnet und ohne Vorbereitung des Lesens der Texte am Abend vorher entsteht ein wundervoller Spannungsbogen, den wohl nicht nur ich selbst bemerkt habe. Dankbarkeit strömt.
Sommer 2011. Ein Projekt des INECC-Chores Luxemburg und der Liedertafel Irsch führt zum Entstehen von „Recovering – Breathing“. Der Prozess ist spannend, interessant, manchmal heikel, dann wieder erfrischend. Schließlich findet am 24. September im MUDAM Luxemburg die Premiere statt. Im Auftrag der Philharmonie Luxemburg gearbeitet zu haben ist eine Ehre für mich – dass ich mich dann ins Goldene Buch nach Riccardo Muti und Lang-Lang und zwischen viele andere Größen des aktuellen Musiklebens eintragen darf, eine ganz besondere Erfahrung.
Herbst 2011. „Listening through glasses“ entsteht, für Gläser und Orchester. Die Premiere findet im Frühjahr 2012 während der Orchesterfahrt in Semily (Tschechien) statt. Die Musik strömt ruhig, sie fordert Konzentration und Geduld von den Ausführenden. Das Resultat wirkt verträumt, manchmal schwerelos.
Sommer 2013. Eine Klanginstallation geht in Arbeit, sie soll im Mai 2014 präsentiert werden. Diesmal ist das Thema ein ganz anderes – Totalitarismus. Musique concréte ist Ausgangspunkt für die zu erarbeitenden Strukturen aus alltäglichen Klängen. Es ist ein spannender Prozess, der manchmal eine Mischung aus Trauerarbeit und Neugier auf die akustische Umsetzung ist.